Kunsthallen, wie die 1918 in Bern in gegründete, dienen häufig als Durchgangsstationen, zudem auch als Sprungbretter. Wichtige Ausstellungen finden statt und nicht selten beginnen dort Karrieren, die Künstlerinnen und Künstler zu Weltruf führen. Dabei besteht die Gefahr, dass am ehemaligen Ort des Geschehens keinerlei Spuren mehr sichtbar bleiben. Dies, weil man es verpasst hat oder weil man nicht in der Lage gewesen ist, gezielt und systematisch Ankäufe zu tätigen. In Bern haben zwar immer wieder private Sammlerinnen und Sammler seit den frühen 60er Jahren aus Ausstellungen der Kunsthalle wichtige Werke erworben und diese auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dennoch mangelte es lange Zeit an einem klaren Sammlungskonzept und an Kontinuität.
Deshalb beschlossen im Jahre 1987 die fünf Berner Kunstfreunde Bernhard Hahnloser,Donald Hess, Paul Jolles, Beat Jordi und Eberhard Kornfeld, unterstützt von Ulrich Loock, dem damaligen Direktor der Kunsthalle, etwas gegen diesen unbefriedigenden Zustand zu unternehmen. Ihnen schwebte eine Initiative vor mit dem Ziel, herausragende Werke der Gegenwartskunst für Bern zu erhalten. Sie fassten ihre ‚Vision’ in die folgenden Worte: „20 bis 30 kulturell engagierten Persönlichkeiten und repräsentativen Unternehmen Berns dürfte es gelingen, jährlich rund 100’000 Franken für Käufe aus der Kunsthalle zugunsten des Kunstmuseums aufzubringen und damit eine Sammlung der Gegenwartskunst aufzubauen, die der Stadt eine zusätzliche Ausstrahlung über den engeren Bereich hinaus verleihen wird.“ Bereits 1988 erhielt das Projekt seine feste Gestalt durch die Errichtung der „Stiftung Kunsthalle Bern“. Diese ist über die Jahre stetig gewachsen und zählt gegenwärtig (2007) 60 Mitglieder. Ihr erster Präsident, bis zu seinem allzu frühen Tod im Jahre 2003, war Beat Jordi.
Von Anfang an herrschte Einigkeit darüber, dass die geplante Sammlung nicht in irgendeinem Depot verschwinden dürfe. Deswegen sahen bereits die ‚Gründerväter’ vor, dass die Erwerbungen dem Kunstmuseum zugute kommen sollten. Insofern verdankt sich die geplante Erweiterung des Kunstmuseums um eine Abteilung für Gegenwartskunst letztlich ebenfalls ihrem Weitblick. Seit nunmehr zwanzig Jahren setzt sich die Stiftung beharrlich dafür ein. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass der Mäzen, der den Ausbau überhaupt erst ermöglicht, ein Mitglied der Stiftung ist. Die Sammlung ist geprägt durch das Wirken von bisher drei Direktoren der Kunsthalle: Ulrich Loock, Bernhard Fibicher und Philippe Pirotte. Sie haben dem Stiftungsrat, in Absprache mit den jeweiligen Direktoren des Kunstmuseums, insgesamt 80 repräsentative Werke von bisher 42 Künstlerinnen und Künstlern, die mehrheitlich international herausragen, zum Ankauf vorgeschlagen. Die Werke werden, einzeln oder in Gruppen, regelmässig gezeigt: in der Kunsthalle (Jubiläumsausstellung 1997) und im Kunstmuseum Bern („Blackbox“ 2001, „Zeitmaschine“ 2002), aber auch als Leihgaben in führenden Kunstinstitutionen des In- und Auslands.
Verena Immenhauser
Vizepräsidentin Stiftung Kunsthalle Bern bis 2010