Aktion und Performance stehen im Mittelpunkt von Lin Yilins Schaffen. Auch dieser Künstler ist ein Mitglied der Gruppe „Grossschwanzelefant“ aus dem südchinesischen Guangzhou. Die „klassenlosen“, normierenden Strukturen des Kommunismus wurden in dieser Stadt nach der wirtschaftlichen „Öffnung“ sehr rasch durch die sich in immer verrückterem Masse normierend auswirkende Konsumgesellschaft ersetzt.
Der von Modeströmungen aus Amerika, Hongkong und Taiwan beeinflusste Massenkonsum manifestiert sich vor allem in allen möglichen optischen und akustischen Werbereklamen, die zu einer totalen Veränderung des Stadtbildes geführt haben. Der Einfluss des grossstädtischen Wandels auf den Menschen zeigt sich am direktesten am menschlichen Körper, der sich zu einer ewig in Bewegung begriffenen, unbeständigen, gegen aussen offenen Existenz entwickelt. Es ist also folgerichtig, wenn Lin Yilin seinen eigenen Körper modellhaft als ein Mittel zum Protest gegen die Vermassung einsetzt. So hat der Künstler versucht, sein lebensgrosses fotografisches Konterfei, das auf eine dünne Pavatexplatte aufgezogen wurde, von Guangzhou nach Bern zu transportieren, seinen sperrigen Doppelgänger nicht nur in das System der öffentlichen Verkehrsmittel (Taxi, Flugzeug, Zug), sondern auch der Administration (Import/Export-Modalitäten) einzuschleusen und ihm dadurch eine Existenz zu verleihen.
Der Wert der Puppe ist höher als der eines Individuums: die Abbildung des Künstlers als Reklameware ist der erste Mensch einer neuen Generation: The Billion and First Person. Die Absurdität der Aktion von Lin Yilin ist ein Plädoyer für den Respekt vor dem Individuum. B.F.