Ein zentrales Thema dominiert das Werk von Tracey Rose: ihre physische und psychische Identität als „colored person“ (Mulattin) in der komplex strukturierten sudafrikanischen Gesellschaft. In ihren Performances und Videoarbeiten beschäftigt sie sich über das visuelle Motiv ihres Körpers mit Fragen der Rasse und des Geschlechts.
TKO (Technical Knock-Out) lautet der Titel ihrer wichtigsten um 2000 entstandenen Arbeit, die in der Form einer Videoprojektion auf eine grosse, quer in der Mitte eines Raums hängende Leinwand präsentiert wird. Das hellgraue, wenig kontrastierte Bild besteht aus der Überlagerung verschiedener synchroner Videoaufnahmen. Es zeit die Künstlerin selber, wie sie nackt und mit baren Fäusten in immer rascherer Schlagabfolge, begleitet von immer lauterem Schreien und Stöhnen, auf einen Sandsack einschlägt. Dabei wird sie von vier Kameras gefilmt – eine davon ist im punching ball eingebaut. Die Bilder sind fahl – farblos! – und schwankend, die Schreie dagegen zugleich aggressiv und beklemmend.
Die Künstlerin erscheint in der doppelten Rolle des Angreifers und des Opfers und bindet den Zuschauer in diesen komplexen Austausch ein. Dadurch, dass Tracey Rose die Schläge selber austeilt, verkompliziert sich der Stand- oder Blickpunkt. Durch destruktive Schläge, durch physische Verausgabung, baut sie etwas auf: Nicht nur ein intensiv-bedrückendes emotionales Erlebnis für den Zuschauer, sondern auch grundlegende Fragestellungen zu Gewalt und zur Psychologie von Opfer und Täter. Die Künstlerin erinnert mit TKO nicht zuletzt auch an die Wichtigkeit der Vielfalt der Blickpunkte, Identitäten und Handlungsansätze in unserer ständig sich transformierenden Welt. B.F.