Chloe Piene (*1972 USA)

Die 1972 geborene Amerikanerin Chloe Piene praktiziert zwei künstlerische Medien, die als unvereinbar gelten: Video und Zeichnung. Das Bindeglied zwischen diesen beiden Medien ist der Körper, insbesondere die Erfahrungen des Fliegens, Stürzens, Versinkens, aber auch des Eingeschlossenseins.

In den Zeichnungen macht sie den Körper transparent, oftmals bis zum Skelett, legt ihn bloss, geht ihm auf den Grund, bis er seine Identität verliert, und kann ihn deshalb mit dem Tier verbinden. Auch spielt sie mit Kleinwüchsigen als Modelle (siehe die Zeichnung „Little Man“), sie relativiert, vermischt  (Mensch und Tier, Frau und Mann, das Äussere und das Innere des Körpers), verunklärt. Das heisst, sie transzendiert den Körper und erhebt ihn in Mystische. Die Videoprojektion „Blackmouth“ muss in einem sehr dunklen Raum gezeigt werden, das Bild muss gigantisch wirken.

Im knapp dreimiütigen, auf DVD übertragenen Film ist ein Mädchen zu sehen, dessen Körper sich aus der Dunkelheit (aus dem Wald oder einer Höle?) herausschält. Bald erkennt man seine schmutzigen nackten Füsse, dem Betrachter zugewandet, aus derselben Perspektive wie bei Mantegnas Totem Christus, bald seinen Kopf mit klebenden Haarsträhnen. Dann wieder präsentiert es sich auf allen Vieren, den Oberkörper nach oben gereckt. Das Mädchen öffnet seinen Mund zum Schrei, doch bildet dieser nur ein schwarzes Loch („Blackmouth“). Es scheint, als sei die ambiente Dunkelheit in seinem Körper integriert, oder als bringe es aus seinem Innersten Finsternis hervor.

Eine sehr wichtige Funktion besitzt der laut eingestellte Ton. Das beeindruckende Knurren und Gröhlen besteht aus dem zeitlich gedehnten Soundtrack, der das Animalische der Szene noch verstärkt. Die Stimme scheint wie von Körper getrennt und erlangt eine beinahe unheimliche Autonomie. „Blackmouth“ ist denn auch dem Konzept des Unheimlichen – d.h. wörtlich  des Bedrohlichen, das ausserhalb des bergenden Hauses existiert – verpflichtet. Das Video ist eine Art abstraktes Märchen, oder ein expressionistischer Film ohne Erzählung.

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