Der 1956 in Johannesburg geborene Kay Hassan setzt die verschiedensten künstlerischen Medien (Installation, Fotografie, Collage, Objekte, Video, Tonaufnahmen usw.) ein, um Situationen und Impressionen seiner Heimatstadt festzuhalten, in der urbane und ländliche Lebensweisen, Kulturen verschiedener afrikanischer Länder und solche aus der ganzen Welt zusammenprallen oder verschmelzen.
«Mein Werk entsteht aus der unmittelbaren Erfahrung», erläutert Hassan. «Ich beschäftige mich mit alltäglichen Objekten und Szenen, mit denen sich die Leute identifizieren können.» Seine paper constructions – aus Plakatschnipseln zugleich grob und virtuos zusammengefügte Figurenkompositionen – widerspiegeln in ihrer Technik den Zustand Südafrikas nach der Apartheid zwischen Zerrissenheit und Neuaufbau. In einer Serie von Collagen in Plakatgrösse überlagert Hassan Bilder aus der westlichen Werbung – «globale» Ikonen – mit dem touristischen Standardprodukt von «Stammeskultur»: der Maske. Aus Werbebotschaften macht er Gesellschaftsbilder und fügt ironisch hinzu: «You deserve it» und «You enjoy it». Ein roter Faden im Werk von Kay Hassan ist die Verwendung von armen Materialien, objets trouvés, gesammelten Alltagsgegenständen, Relikten, an denen mehr oder weniger rudimentär menschliche Spuren zu erkennen sind.
Diese Gegenstände, wie zum Beispiel Brillen, ordnet er neu und bringt sie in andere Zusammenhänge. Die Installation Kurz- und Weitsichtigkeit besteht aus Tausenden von gebrauchten Brillen, die in Europa im Rahmen der Aktion «Brillen für Afrika» eingesammelt und in die «armen Länder» exportiert wurden. Der von Afrika wieder nach Europa zurückgebrachte Brillenhaufen von Kay Hassan soll uns vor Augen führen, dass der Blick, den wir auf die Wirklichkeit werfen, individuell gefärbte Weltbilder hervorruft. Die Wagschale im Zusammenhang mit den Brillen will zeigen, dass hier Handel getrieben wird. Der Preis (oder der Tauschwert) von Waren wird zwischen mindestens zwei Partnern auf einem Markt ausgehandelt. Beim Luxusobjekt «Brille», beim Blick oder bei der Optik im eng-technischen und übertragenen Sinn verhält es sich nicht anders. Der Norden und der Süden, die zwar beide kurz- oder weitsichtig sein können, besitzen ganz verschiedene Perspektiven, die nur selten kongruent sind. Auch mit dieser Installation schreibt Kay Hassan Südafrika in einen globalen Kontext ein.