Ryan Gander (*1976 )

Ryan Gander scheut es selten, in seiner künstlerischen Praxis universelle Themen aufzugreifen. Viele der in The 500 Million Year Collaboration gezeigten Arbeiten drehen sich um Vorstellungen von Zeit und die Wahrnehmung des Selbst. Es handelte sich um die bisher umfassendste institutionelle Ausstellung des Künstlers, in der vor allem neue oder noch kaum gezeigte Arbeiten miteinander in Bezug gebracht wurden.

Nur ein leises Rascheln macht auf I’m never coming back to Paris again (2019) aufmerksam: In einem Mäuseloch stecken verknüllte Zwanzig-Franken-Scheine, die eine verborgene Gewalt beharrlich, jedoch erfolglos in die Wand zu ziehen versucht. So manche Arbeit entspringt Erzählungen, Fabeln, Erlebnissen, Fragmenten des Alltäglichen, denen philosophische und manchmal auch moralische Überlegungenzu Grunde liegen. So fand diese Arbeit ihren Anfang in einer Kindergeschichte: Eine ältere Dame entdeckt in der Rückwand ihres Küchenschranks ein Loch, aus dem plötzlich einige Geldscheine ragen. Froh über den Geldsegen, leistet sie sich täglich Neues, die Scheine werden wie durch Magie ersetzt. Nach einer Woche schlägt sie schliesslich die Wand ein, um zur Quelle zu gelangen und trifft nur auf Schutt. Die Dame nimmt dies als Strafe an: Hätte sie sich in Geduld geübt, wäre die Geldzuwendung nicht versiegt. Was sich ihrer Wahrnehmung dabei entzog, isteine Maus, welche die Scheine in einer Kiste auf dem Dachboden fand und diese als Lückenfüller benutzte. 

Ganders Geschichte dreht sich um Gier und Wertzuschreibungen: Geld lässt sich auch einfach als Füllmaterial verstehen. In der Ausstellung in der Kunsthalle befand sich die Arbeit an der seitlichen Wand des Kassenhäuschens. Diese Positionierung lenkte die Aufmerksamkeit weg von einer unsichtbaren Kraft zur realen Finanzierung von Kunstinstitutionen und dahinterliegenden kulturpolitischen Mechanismen.Leicht zu übersehen oder überhören, verdichtete sich in der kleinen Arbeit die Mehrdimensionalität, sowie die unterschiedlichen Perspektiven und die assoziativen Interpretationen, die diese Lücke zulässt.

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