Michel François (*1956 Belgien)

Ein Mann – es handelt sich um den Künstler selber – tritt ins Bildfeld ein. Sein Gesicht bleibt aber verborgen: Er ist von oben gefilmt. Durch die Projektion wird der Boden zur Wand. Also wird der Porträtierte nicht nur widernatürlich („contre nature“) von oben gezeigt, sondern auch noch um 90° gekippt. Der Mann zündet eine Zigarette an und beginnt, im Zeitlupentempo im Kreis herum zu laufen.

Flaschen fallen hinunter und zerschellen laut auf dem Boden, doch der Mann zieht unbeirrbar seine Runden. Einige Flaschen streifen ihn in ihrem Fall oder springen wieder von Boden auf, prellen gegen seine Beine. Die Flaschen, die Michel François in der Kunsthalle Bern in die Erde pflanzte, um seinen Nessel/Spitzwegerich-Garten einzuzäunen, diese Flaschen fallen nun vom Himmel. Es regnet Flaschen. Diese Geste der Umkehrung erinnert an ein Gemälde dieses anderen belgischen Künstlers, René Magritte, der in Le chant de l’orage (1937, The Menil Coll., Houston) Regen auf eine Wolke niederprasseln lässt. Im kleinen, fixen Weltausschnitt von Michel François bewegt sich alles. Alles ist mobil: Der Künstler hält nie still, die Flaschen prasseln unentwegt auf ihn hinunter, die Zigarette geht langsam in Rauch auf. Trotzdem tut der Künstler nichts, er wartet. Er wickelt Zeit auf. Die Zeitlupe dehnt die Zeit, verleiht ihr einen Zustand zwischen normalem Bewegungsablauf und Innehalten. Das Video zeigt ein völlig unromantisches Bild des Künstlers, der auf „Inspiration“ wartet, der sich trotz dramatischer Umwelteinflüsse (Flaschen = Bomben?) konzentriert, indem er konzentrische Kreise dreht, die Gefahr nicht scheut und sich unbeirrbar im Spannungsfeld zwischen Kreation und Zerstörung bewegt.

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