Stefan Brüggemann (*1975 Mexico City)

Stefan Brüggemann wurde 1975 in Mexico City geboren, er lebt und arbeitet in London. 2006 war er nominiert für den Beck’s Future Prize mit Ausstellungen im Institute of Contemporary Arts, London, im Center for Contemporary Art, Glasgow, und im Arnolfini, Bristol.

Er stellte umfangreich aus, beispielsweise 2006 mit Nichts (Nothing), Schirn Kunsthalle Frankfurt; Yes, Bruce Nauman, Zwirner & Wirth, New York und Draw a straight line and follow it im Center for Curatorial Studies at Bard College, Annendale on Hudson. Weitere Ausstellungen bilden Off-Key, Kunsthalle Bern (2005); The Peaceful War, Tramway, Glasgow (2005); La Colmena, the Jumex Collection, Mexico City (2004); To be political it has to look nice, apexart, New York (2003); Prague Biennale 1 (2003); Zebra Crossing, Haus de Kulturen der Welt, Berlin (2002) und Opening, Museum of Installation, London (1998). Brüggemann präsentierte die Antrittsausstellung der Galerie Blow de la Barra in London im Jahre 2005. Er war der Gründer und Direktor des Programa Art Center in Mexico City, ein non-profit Ausstellungsraum für Werke Mexikanischer sowie auswärtiger Künstler, darunter Martin Creed und Thomas Demand. 2007 wird sein Werk Teil bilden derAusstellung Escultural Social: A New Generation of Art from Mexico City, im Museum of Contemporary Art, Chicago.Sein neustes Buch“Capitalism and Schizophrenia” wurde herausgegeben bei Turner.

In den Obliteration Series führt Stefan Brüggemann seinen Neoninstallationen erstmals in die Abstraktion. Der gekritzelte Neontext bildet eine gestische Analogie zu Schreiben und Nicht-Schreiben.

Bekannt für die Verwendung von Sprache in seinem Werk werden Brüggemanns textbezogene Werke nun ersetzt durch rein visuelle Zeichen. Farbenreiche Neonlichter geben eine Serie von Kritzeln wieder, welche verschiedene Darstellungen entwickeln von Verweigerung und Infragestellung von Sprache.

Ausgehend von der Ablehnung des Wortes und des Schreibakten führt Obliteration Series zu der Idee der Verweigerung als eine absolute und autonome Kraft. Der Begriff des „Nein“ wird zu einer leeren, mächtigen und unabhängigen Quelle, welche in ihren verschiedenen Umsetzungen Positionen wie Verweigerung, Widerspruch und Abwesenheit artikuliert. Mit ihrer impliziten Verweigerung von Sprache repräsentieren diese Neonlichter sowohl die Suche nach einem neuen Ausgangspunkt als gleichzeitig auch dessen Unmöglichkeit. Aufgeladen mit einer destruktiven Dynamik erzeugen die Obliteration Series eine doppelte Verneinung.

Die Unmittelbarkeit und Kraft der Bewegung des Künstlers bei der Niederschrift der Kritzel auf Papier wird aufgehoben durch die Produktion der Neonlampe, welche die Kritzeleien zu einem industriellen Produkt macht, losgelöst von den Bewegungsabläufen, die sie als Ansatz eines Schreibens charakterisieren. Die initiale Aggression am Ursprung der Geste wird reduziert auf ein Flackern, dessen subversiver Charakter  sich in jener Verweigerung von Sprache als ein Kommunikationssystem erhält.

Textbezogene Kunst war allgegenwärtig in den 1970-er Jahren, einer Zeit, die dominiert wurde durch die Fragestellungen von Sprache und Prozessualität, welche mit der Konzeptuellen Kunst aufkamen. Während sie sich taktisch der Sprache der Kunstinstitutionen bediente, um diese zu untergraben, erschien die Konzeptuelle Kunst mit einem unterschiedlichen “Look”; eine intellektuelle und polemische Beschränkung entstand, eine Kunst, welche der Form entfloh, um diese anschliessend über den Text neu zu entdecken.

Diese Art von Kunstwerken wurde entwickelt durch Künstler wie Lawrence Weiner, Joseph Kosuth, Barbara Kruger, On Kawara und Jenny Holzer und war weit verbreitet in den späten 1980ern.

Die textlichen Arbeiten von Stefan Brüggemann basiert stets auf den etablierten Stimmen anderer. Zahlreich zitiert er Kosuth, Holzer, Kawara und Weiner. Brüggemann, obwohl aus Mexiko stammend, verwendet ausnahmslos die englische Sprache und beharrt für alle seine Werke auf der Wiederholung des immer gleichen Schriftyps, Arial Black. Eine Art von Formalität ist hier angedeutet, als Ehrebezeugung an die Erscheinung des Internationalen Modernismus. Solche Massnahmen lassen deutlich werden, dass Brüggemann Sprache als Style verwendet. Der Inhalt liegt in der Form, der Sichtbarkeit: Ein repetitives und vertrautes Format, das frisch erscheint auch nach vielfachem Gebrauch.

Dieser Effekt der Verdoppelung fügt dem Phänomen des Sehens die Erfahrung des Wissens hinzu. Wir erleben uns selbst in einem Akt des Sehens, zu dessen Gegenstand wir bereits über ein Vorwissen verfügen. Künstler wie Jonathan Monk, Fiona Banner und Stefan Brüggemann arbeiten mit Gütern aus zweiter Hand. Dies bedeutet, dass ihr Werk sich oftmals von bestehenden kulturellen Mustern ableitet. Diese Künstler streben nicht an, das Gebiet der Kunst um Bereiche zu erweitern, welche bis anhin künstlerisch unberührt geblieben sind. Im Gegenteil, ihre Werke, borgen, kommentieren und verkörpern bereits existierenden Werke. Dies jedoch kaum aus Armut an Ideen oder Engagement, sondern vielmehr vermitteln sie einen allgemeinen Erzählungskanon der kulturellen Produktion. Denn vorangetrieben werden wir schlussendlich durch die Sehnsucht nach der Wiederholung.

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