Herbert Brandl (*1959 Österreich)

Brandl hat bereits bemalte oder anders, z. B. mit Pfützen von Polyesterharz markierte Leinwände mit Silberspray übersprüht. Ohne sich im Sinn gewisser gestischer Malerei zu verlieren als Niederschlag auktorialer Bewegung oder Bewegtheit, zeigen sich die Werke als Gegenstände und Ergebnisse eines malerischen Handelns über die Zeit hin, welches im Auslöschen des Bildes kulminiert.

Der Akt des Sprühens als solcher ist in der Malerei eine Verletzung, der Einbruch einer nicht-malerischen Praxis des Farbauftrags, wobei die Silberfarbe als vollkommen unklassisches Malmittel zusätzlich deplaziert erscheint.

Die matt silbern schimmernde, weder stumpfe noch spiegelnde Fläche funktioniert wie ein blinder Spiegel. Mit der blind spiegelnden Malerei wird die Fläche der Vermittlung selbst sichtbar, die Fläche der Vermittlung des Blickes in die imaginäre Tiefe vor oder hinter ihr, sei es nun in die Tiefe der perspektivischen Konstruktion oder die Tiefe der Reflexion realen Raums in realer Zeit. Die Sichtbarkeit des blinden Spiegels ist Ursache und Wirkung des Entzugs des imaginären Einblicks, deswegen aber nicht positives Zeugnis von Konkretion und Tatsächlichkeit. Die Sichtbarkeit ist durch das Schimmern qualifiziert, durch eine Tendenz zur Erscheinung des Immateriellen, Nicht-Greifbaren, Nachwirkung der Vermittlungsfunktion der Bild- oder Spiegelfläche.

Brandl sucht das Handlungsfeld der Malerei in einer negativen Praxis zu bestimmen: einer Praxis, in der Bildmittel gegen die Erzeugung bildlichen Scheins eingesetzt werden. Diese Malerei-Praxis bleibt also an das Paradigma des Bildes gebunden, welches sie verunstaltet, nicht aber durch ein anderes Paradigma abzulösen vorgibt. Für Brandl gibt es Malerei in dem Masse, wie das Bild seine Störung erträgt, oder umgekehrt bleiben bei ihm Eigenständigkeit und Präsenz der Malerei, der malerischen Praxis immer durchzogen von der Erinnerung an den Modus bildlicher Darstellung. So ist das Handlungsfeld der Malerei keine positive Gegebenheit, kein abgesteckter und gesicherter Bezirk der Kunst unter anderen, sondern ein schwankendes und sich verschiebendes Territorium, welches im dysfunktionalen Verhältnis des Malens zum Bild gewonnen wird.  U.L.

Werkübersicht